Patrick Cellnik und Markus Gotthardt begeisterten das Publikum
Bereits bevor das Konzert der beiden aus der Dommusik kommenden Musiker begann, versprach der Blick ins Programm eine gekonnt zusammengestellte Dramaturgie und einen roten Faden. Ein Block Robert Schumann zu Beginn und zum Schluss umarmte den ersten Liederzyklus überhaupt, Beethovens „An die ferne Geliebte“ in der Mitte. Im Konzert führte Markus Gotthardt, der Pianist des Abends, mit einem pointierten Humor und einem immensen aber nie erdrückenden Fachwissen in die folgenden Werke ein.
Der erste Block bestand aus vier Schumann-Liedern, die alle verschiedene Opera aufwiesen, also aus unterschiedlichen Zyklen entnommen waren aber dennoch nicht zerpflückt wirkten, sondern im Gegenteil, den Abend thematisch vorbereiteten. „Widmung“ op. 25,1, „Der arme Peter“ op.53,3, „Du bist wie eine Blume“ op. 25, 24 und „Schöne Wiege meiner Leiden“ op. 24, 5 sind Lieder die einen thematischen Vorausblick darboten: Das Anschmachten der Angebeteten, enttäuschte Liebeshoffnungen, der Vergleich der Holden mit den schönsten Blumen und das Aushalten im Liebesleiden. Kurz: die Überhöhung all dessen, was Liebe mit sich zieht.
Trotz der Ernsthaftigkeit der Texte, wurde von beiden Interpreten kein allgegenwärtiger Liebestod zelebriert. Der Gesang des Basses Patrick Cellnik war zu keinem Zeitpunkt überzeichnet oder karikierend, sondern viel mehr durch farbliche Nuancierung und dynamische Spannbreite die Dramaturgie unterstützend. Kannte man die Zyklen, hatte man immer das Gefühl des übergeordneten Blickes auf die Werke. Zugleich hat die Interpretation Cellniks immer auch an das Hier-und-Jetzt gebunden. Besonders erfrischend war es, dass der Bass den Zyklen keine unnötige Schwere oktroyiert hat. Wendigkeit, Transparenz und eine nötige Schlankheit aber auch gelegentliche Momente zum Schmunzeln transportierten die Lieder stilsicher.
Der Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ von Ludwig van Beethoven gilt als erster Liedzyklus (1816) überhaupt. Mittlerweile ist gesichert, dass es ein Tombeau für die verstorbene Ehefrau des Mäzens Fürst Joseph von Lobkowitz ist. Ein weltliches Lied-Requiem also? Unstreitbar hängt mit diesem Zyklus eine gewisse Schwere mit, welche in der Gestaltung zum Glück nicht zu hoch aufgehangen wurde. Der Zyklus wurde beethovenesk interpretiert. Mit einem Auge in die Romantik blickend, doch durch und durch noch in einer klassischen Manier gedacht. Besonders bemerkenswert die Begleitung Markus Gotthardt: Typisch beethovensche Akkorde im tiefen Register, ohne dass Cellnik dagegen erblasste. Gotthardt schafft durch sein spiel Cellnik zu tragen und doch einen brillanten Klavierklang zu produzieren: Niemals überladen aber auch niemals in falscher Bescheidenheit in den Hintergrund verschleppt.
Der Hauptaugen- bzw. Ohrenwerk galt dem Stück nach der kurzen Pause: Schumanns „Dichterliebe“. Erzählend, humorvoll, ernst, alles in allem facettenreich und zwar von beiden, Cellnik wie Gotthard. Lyrische Höhen vom Bass verleiteten dazu noch mehr hin zu hören. Zwischenzeitlich hätte man den Eindruck gewinnen können, als schaffe der Pianist mit dem Klavier zu registrieren. „Und wüsstens die Blumen“ ist ein Lied, dass viel vom Pianisten fordert. Timing, viele schnelle Noten aber möglichst bloß leise, dazu ein schneller Einsatz des Gesangs, nach nur einer sehr kurzen Pause nachdem das Klavier angefangen hat. Von Timingstress und Perfektionsdruck keine Spur, eher das Gefühl von Leichtigkeit und Abgestimmtheit: So geht Lied.
Beide Künstler beeindruckten durch ihre eigenen Qualitäten und nutzten diese um eine Einheit zu schaffen. Das Publikum wurde reich beschenkt, ging aus dem Saal mit einem warmen Lächeln und in der Sommerluft ein leggiero. Chapeau.